DGFIT Symposium 2025 in Leogang

Lesezeit: 11 Minuten

Daten der Versorgungsforschung in der Onkologie geben neben den Zulassungsstudien einen wichtigen und realen Input für die Behandlung der Patienten*innen in der täglichen Praxis. Mittlerweile hat sich die Immuntherapie in den meisten Tumorentitäten etabliert, sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit anderer Substanzen wie Targeted- und Chemotherapeutika. Gerade in der Uro-Onkologie hat sich das Behandlungsspektrum in den letzten Jahren deutlich erweitert und nahezu auf jedem internationalen Kongress werden neue Substanzen und Kombinationen präsentiert.

Auf dem Satellitensymposium der DGFIT auf dem Urologischen Winterworkshop 2025 in Leogang wurden neben verschiedenen Aspekten der Versorgungsforschung auch neue Daten der Uro-Onkologie vorgestellt. Das Symposium wurde von Prof. Dr. Michael Siebels (München) und Prof. Dr. Elfriede Nössner (München) moderiert.

Immuntherapie 2.0 – von BiTEs bis zur Brezel

PD Dr. Jozefina Casuscelli, Urologische Klinik und Poliklinik LMU Klinikum der Universität

Die Immuntherapie hat sich stark weiterentwickelt und eröffnet neue Behandlungsansätze. Beim Prostatakarzinom bleibt die Immuntherapie aufgrund des „kalten“ Tumor-Phänotyps eine Herausforderung. Aktive Immuntherapien wie Sipuleucel-T zeigen einen gewissen Überlebensvorteil, sind aber nicht überall verfügbar. Checkpoint-Inhibitoren wirken nur bei bestimmten Subgruppen, weshalb eine gezielte Patientenauswahl entscheidend ist. BiTE- und TriTE-Therapien zeigen erste Wirksamkeit, allerdings mit hohen Nebenwirkungen. Kombinationsstrategien könnten hier zukünftig eine Rolle spielen.

Beim Urothelkarzinom als „heißem“ Tumor sind die Erfolge der Immuntherapie deutlich größer. BCG bleibt eine etablierte Therapie, doch es gibt Bestrebungen zur Optimierung oder Ersetzung. Antikörper-Wirkstoff-Konjugate und Checkpoint-Inhibitoren zeigen vielversprechende Ergebnisse im metastasierten Stadium. Neue Applikationsmethoden wie TAR-200 („Brezel“) ermöglichen eine gezielte lokale Medikamentenfreisetzung. Studien sollen helfen, radikale Eingriffe zu vermeiden und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

DGFIT nachgefragt: Aktuelle Therapie des nicht muskel-invasiven Urothelkarzinoms der Harnblase (NMIBC)

Prof. Dr. A. Hegele, Marburg

Für die Diagnostik und Therapie sowie Rezidivprophylaxe des NMIBC existieren vielfältige Möglichkeiten. Ziel der aktuellen Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Immun- und Targeted-Therapie (DGFIT) war es die Behandlungsrealität des NMIBC in Deutschland zu erfassen. Hierzu wurde ein Fragebogen bestehend aus 26 Fragen via E-Mail, online und QR-Code verteilt. Abgefragt wurde neben der Art der Diagnostik (starre/flexible Zystoskopie/ Einsatz von urinbasierten Markern) auch ob und wann PDD und eine Frühinstillation eingesetzt werden. Ebenso ob eine Langzeitinstillationsprophylaxe durchgeführt wird, mit welcher Substanz (Chemo oder BCG) in welcher NMIBC Risikogruppe sowie der Zeitpunkt einer Zystektomie. Insgesamt nahmen 103 Ärzteinnen an der Umfrage teil, 78% waren männlich und 57% arbeiten in einer urologischen Praxis, davon 24% mit einer urologischen Belegabteilung. 43% arbeiten in einer urologischen Hauptabteilung, davon 19% an einer Universitätsklinik. Die Mehrzahl der Teilnehmerinnen (75%) ist über 40 Jahre und es handelt sich bei 94% um erfahrene Urologen*innen (Chefarzt/Oberarzt/Facharzt).

Erfreulicherweise hat die Zystoskopie mit einem starren Instrument keine Stellenwert mehr und flexible Instrumente kommen überwiegend zum Einsatz im Rahmen der Primärdiagnostik und Kontrolle. Urinbasierte Marker spielen „real world“ in Deutschland aktuell keine Rolle. 68% führen selbst eine TUR-B durch – zu nahezu gleichem Anteil durch Niedergelassene und Hauptabteilungen. 74% setzen bei der TUR-B regelmässig PDD ein, jedoch ist der Zeitpunkt (immer, nur beim Erstbefund, im Rezidiv, nur bei high-risk) unklar. Eine Frühinstillation mit einem Chemotherapeutikum wird – obwohl nicht im DRG-System finanziell abgebildet – von 89% durchgeführt. Hier kommt vor allem Mitomycin zur Anwendung (89%, davon 62% Mitomycin 40 mg). Eine entsprechend den Leitlinien empfohlene Langzeitinstillationsprophylaxe ab intermediärem Risiko wird von 66% „immer“ und 26% „meistens“ durchgeführt. Primär wird vor allem Mitomycin (84%) und nur selten BCG (12%) instilliert. Sollte es hierunter zu einem Rezidiv kommen erfolgt in den meisten Fällen die BCG-Therapie. Beim Erstbefund eines Hoch-Risiko NMIBC erfolgt in 92% der Fälle eine BCG-Therapie, die Zystektomie wird vor allem nach Versagen der BCG Therapie empfohlen. Aufgrund der innovativen und neuen Behandlungsoptionen sowohl mit Substanzen (IO, FGFR) als auch Applikationsarten (intravesikaler „drug-eluting stent“  „Brezel“), welche aktuell in Studien evaluiert werden (z.B. Sunrise-Trial, Thor-Trial, Potomac-Trial), schätzen 58% der Befragten einen Blasenerhalt auch im Falle des BCG-Versagens in der Zukunft als realistisch ein (10% antworteten mit „nein“ und 32% mit „weiß nicht“).

Fazit:
Die Behandlung des NMIBC in Deutschland erfolgt sowohl in den urologischen Praxen als auch Hauptabteilungen. Die PDD-Technik im Rahmen der TUR-B wird ebenso wie die Frühinstillation mit Mitomycin in der Mehrzahll der Fälle durchgeführt. Eine risiko-gruppenadaptiere Langzeitinstillationsprophylaxe erfolgt ebenso: im intermediären Risiko vor allem mit Mitomycin, im Rezidiv (intermediär) oder bei high-risk NMIBC kommt vor allem BCG zum Einsatz. Die Zystektomie wird vor allem nach Versagen der BCG-Therapie (high risk) empfohlen. Ein möglicher Blasenerhalt nach BCG-Versagen durch neue Substanzen und Applikationsmethoden wird von der Mehrzahl der Behandler in der Zukunft als realistisch eingeschätzt.

Rational design of PD-1-CD28 immunostimulatory fusion proteins for CAR T cell therapy

Dr. med. Theo Lorenzini, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin Klinikum der Technischen Universität München

Den Abschluss des Symposiums bildete der Vortrag des CSA-Preisträgers 2024 mit anschließender Preisverleihung. Die DGFIT unterstützt seit ihrer Gründung wissenschaftliche Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Immun- und Targeted Therapie. Unter anderem wird jährlich der mit 2.000,00 Euro dotierte Clinical Science Award vergeben. Mit dem CSA 2024 wurde Dr. Theo Lorenzini (München)  ausgezeichnet für seine Arbeit  „Rational design of PD-1-CD28 immunostimulatory fusion proteins for CAR T cell therapy“.

Das Projekt widmet sich der Weiterentwicklung der CAR-T-Zelltherapie, einer revolutionären Form der Krebsimmuntherapie. Bei dieser innovativen Methode werden T-Zellen, eine zentrale Komponente des Immunsystems, genetisch so verändert, dass sie Tumorzellen gezielt erkennen und bekämpfen. Dazu wird den T-Zellen ein sogenannter chimärer Antigenrezeptor (CAR) hinzugefügt, der es ihnen ermöglicht, spezifische Oberflächenstrukturen von Krebszellen zu identifizieren. Während die CAR-T-Zelltherapie besonders bei Blutkrebs beeindruckende Erfolge erzielt hat, wird ihre Wirksamkeit häufig durch die immununterdrückende Tumorumgebung begrenzt. Ein wesentlicher Mechanismus dieser Einschränkung ist der PD-1-Signalweg, der die Erschöpfung der T-Zellen fördert und ihre Funktion hemmt.

Zur Überwindung dieses Problems wurden in diesem Projekt innovative immunstimulierende Fusionsproteine (IFPs) entwickelt und untersucht: diese wandeln nämlich die inhibitorischen PD-1-Signale in aktivierende Signale um. Ziel ist es, die Funktion der CAR-T-Zellen gezielt im Tumorgewebe zu verstärken, ohne dabei systemische Nebenwirkungen zu verursachen oder gesundes Gewebe zu schädigen.
Im Rahmen der Studie wurden mögliche IFP-Designs systematisch in vitro und in vivo analysiert, die sich durch Unterschiede in der Länge und Struktur ihrer verschiedenen Domänen auszeichneten.
Die Ergebnisse zeigten, dass IFPs mit physiologischer Länge die Aktivität der CAR-T-Zellen signifikant verbesserten. Sie förderten eine stärkere Zellproliferation, eine erhöhte Zytokinproduktion und eine optimierte Abtötung von Tumorzellen, ohne dabei unspezifische Immunreaktionen auszulösen. Im Gegensatz dazu führten verlängerte IFPs zu unerwünschten CAR-unabhängigen Aktivierungen der T-Zellen.
In präklinischen Mausmodellen erwiesen sich physiologisch lange IFPs als besonders effektiv: Sie verbesserten die Tumorkontrolle signifikant und verlängerten das Überleben der Tiere. Verlängerte Varianten hingegen führten zu erhöhter Toxizität und schweren Nebenwirkungen.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung eines präzisen Designs der IFP-Struktur, um sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit der Therapie zu maximieren. Die Studie liefert wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der CAR-T-Zelltherapie und legt eine solide Grundlage für die Entwicklung neuer, sicherer und effektiver Ansätze zur Überwindung immununterdrückender Signalwege.

Verleihung des Clinical Science Award 2024 an Dr. Theo Lorenzini, München
v.l.n.r. Prof Dr. Axel Hegele (Vorstand DGFIT), Dr. Theo Lorenzini (CSA-Preisträger), Prof. Dr. Michael Siebels (Vorstand DGFIT), Prof. Dr. Elfriede Nößner (Vorstand DGFIT), Prof. Dr. Christian Doehn

DGFIT gewinnt erneut Firmenmitglied


Die DGFIT freut sich, Bristol Myers Squibb als neues Firmenmitgleid begrüßen zu können.

Bristol Myers Squibb ist ein weltweit tätiges BioPharma-Unternehmen, das sich die Erforschung, Entwicklung und die Bereitstellung innovativer Medikamente zur Aufgabe gemacht hat, die Patient:innen dabei helfen, schwere Erkrankungen zu überwinden. Unsere Forschung konzentriert sich unter anderem auf die Bereiche Onkologie, Hämatologie, Immunologie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fibrose und Neurologie. Weiterführende Informationen auf bms.com/de, LinkedIn, Instagram und YouTube.

Verleihung Clinical Science Award 2024

Die DGFIT unterstützt seit ihrer Gründung wissenschaftliche Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Immun- und Targeted Therapie. Unter anderem wird jährlich der mit 2.000,00 Euro dotierte Clinical Science Award vergeben.

Mit dem CSA 2024 wurde Dr. Theo Lorenzini (München)  ausgezeichnet für seine Arbeit  „Rational design of PD-1-CD28 immunostimulatory fusion proteins for CAR T cell therapy“.

Zusammenfassung

Das Projekt widmet sich der Weiterentwicklung der CAR-T-Zelltherapie, einer revolutionären Form der Krebsimmuntherapie. Bei dieser innovativen Methode werden T-Zellen, eine zentrale Komponente des Immunsystems, genetisch so verändert, dass sie Tumorzellen gezielt erkennen und bekämpfen. Dazu wird den T-Zellen ein sogenannter chimärer Antigenrezeptor (CAR) hinzugefügt, der es ihnen ermöglicht, spezifische Oberflächenstrukturen von Krebszellen zu identifizieren. Während die CAR-T-Zelltherapie besonders bei Blutkrebs beeindruckende Erfolge erzielt hat, wird ihre Wirksamkeit häufig durch die immununterdrückende Tumorumgebung begrenzt. Ein wesentlicher Mechanismus dieser Einschränkung ist der PD-1-Signalweg, der die Erschöpfung der T-Zellen fördert und ihre Funktion hemmt.

Zur Überwindung dieses Problems wurden in diesem Projekt innovative immunstimulierende Fusionsproteine (IFPs) entwickelt und untersucht: diese wandeln nämlich die inhibitorischen PD-1-Signale in aktivierende Signale um. Ziel ist es, die Funktion der CAR-T-Zellen gezielt im Tumorgewebe zu verstärken, ohne dabei systemische Nebenwirkungen zu verursachen oder gesundes Gewebe zu schädigen.
Im Rahmen der Studie wurden mögliche IFP-Designs systematisch in vitro und in vivo analysiert, die sich durch Unterschiede in der Länge und Struktur ihrer verschiedenen Domänen auszeichneten.
Die Ergebnisse zeigten, dass IFPs mit physiologischer Länge die Aktivität der CAR-T-Zellen signifikant verbesserten. Sie förderten eine stärkere Zellproliferation, eine erhöhte Zytokinproduktion und eine optimierte Abtötung von Tumorzellen, ohne dabei unspezifische Immunreaktionen auszulösen. Im Gegensatz dazu führten verlängerte IFPs zu unerwünschten CAR-unabhängigen Aktivierungen der T-Zellen.
In präklinischen Mausmodellen erwiesen sich physiologisch lange IFPs als besonders effektiv: Sie verbesserten die Tumorkontrolle signifikant und verlängerten das Überleben der Tiere. Verlängerte Varianten hingegen führten zu erhöhter Toxizität und schweren Nebenwirkungen.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung eines präzisen Designs der IFP-Struktur, um sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit der Therapie zu maximieren. Die Studie liefert wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der CAR-T-Zelltherapie und legt eine solide Grundlage für die Entwicklung neuer, sicherer und effektiver Ansätze zur Überwindung immununterdrückender Signalwege.

DGFIT Symposium 2024 in Leogang

Lesezeit: 11 Minuten

Relevante News aus der uro-onkologischen Versorgungsforschung

Daten der Versorgungsforschung in der Onkologie geben neben den Zulassungsstudien einen wichtigen und realen Input für die Behandlung der Patienten*innen in der täglichen Praxis. Mittlerweile hat sich die Immuntherapie in den meisten Tumorentitäten etabliert, sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit anderer Substanzen wie Targeted- und Chemotherapeutika. Gerade in der Uro-Onkologie hat sich das Behandlungsspektrum in den letzten Jahren deutlich erweitert und nahezu auf jedem internationalen Kongress werden neue Substanzen und Kombinationen präsentiert.

Auf dem Satellitensymposium der DGFIT auf dem Urologischen Winterworkshop 2024 in Leogang wurden neben verschiedenen Aspekten der Versorgungsforschung auch neue Daten der Uro-Onkologie vorgestellt. Das Symposium wurde von Prof. Dr. Michael Siebels (München) und Prof. Dr. Axel Hegele (Marburg-Biedenkopf) moderiert.

Nierenzellkarzinom –  aktuelle Daten des d-uo Registers

Prof. Dr. Christian Doehn, Urologikum Lübeck)

Deutsche Uro-Onkologen (d-uo) hatten 2017 die Idee, die Krebsregistermeldung mit der „Meldung“ an die eigene Datenbank zu kombinieren. Seit Mai 2018 werden die Daten von Patienten mit einer Tumorerkrankung aus dem urologischen Gebiet im Rahmen der sogenannten VERSUS-Studie erhoben, ausgewertet und interpretiert. Bis Ende 2023 wurden mehr als 20.000 Patientinnen und Patienten (davon 8% mit einem Nierenzellkarzinom) in die VERSUS-Studie eingeschlossen.

Im Rahmen des diesjährigen Winterworkshops in Leogang hat d-uo über Ergebnisse aus der VERSUS-Studie zum Nierenzellkarzinom berichtet. Diese Ergebnisse bei Erstdiagnose seien Form einer 10-Punkte-Darstellung plakativ wiedergegeben:

  • d-uo hat 1.617 Patienten mit einem Nierenzellkarzinom in der Datenbank (medianes Alter 68 Jahre, Mann:Frau = 69:31).
  • Jeder 2. Patient hat eine Tumorkategorie T1a oder T1b und kommt somit prinzipiell für eine Überwachung, eine Biopsie bzw. eine organerhaltende OP in Betracht.
  • Jeder 6. Patient hat eine Tumorkategorie T3 und kommt somit prinzipiell für eine adjuvante Therapie nach OP in Betracht.
  • Jeder 500. Patient hat eine Tumorkategorie T4 – hier dominieren die Aspekte OP-Technik und adjuvante Therapie.
  • Jeder 100. Patient hat einen Status N1 – hier dominieren erneut die Aspekte OP-Technik und adjuvante Therapie.
  • Jeder 12. Patient hat bei Erstdiagnose bereits Fernmetastasen und kommt somit für eine zytoreduktive Nephrektomie in Betracht.
  • Jeder 10. Patient ist bei Diagnose jünger als 50 Jahre alt und kommt für ein „genetic testing“ sowie eine intensivere Therapie (?) in Betracht.
  • Jeder 11. Patient ist bei Diagnose älter als 80 Jahre alt und kommt für eine zurückhaltendere Therapie (?) in Betracht.
  • Jeder 4. Patient wurde aufgrund einer Symptomatik diagnostiziert ist bei Diagnose jünger und hat ein ungünstigeres Tumorstadium sowie ein ungünstigeres Grading.
  • Symptomatische Frauen sind dabei älter und haben günstigere Turmorstadien als symptomatische Männer.

Neben der Teilnahme von Praxen ist auch hier das Mitmachen von Kliniken bei der VERSUS-Studie von d-uo möglich und ausdrücklich erwünscht. Ebenso explizit erwünscht ist die Teillahme von internistischen Onkologinnen und Onkologen. Dies gilt auch die das von d-uo in naher Zukunft geplante Nationale Register Nierenzellkarzinom (ReNAT) – beide Aktivitäten werden von d-uo extra honoriert. 

Weitere Informationen unter www.d-uo.de

Online-Portal für fachärztliche Telekonsile zum metastasierten Nierenzellkarzinom und Peniskarzinom

(Prof. Dr. Michael Siebels, München)

Am Beispiel des metastasierten NZK (mNZK) sieht man, wie stetig und komplex sich die Therapie-Landschaft in den letzten Jahren verändert hat (Übersicht der Änderungen – S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms. Leitlinienprogramm Onkologie. 2022). Einhergehend mit der Fülle an Optionen werden die Therapiealgorithmen immer komplexer. Insbesondere bei den unterschiedlichen Kombinationstherapien mit CPI stellt sich die Frage nach den Kriterien für die richtige Therapieauswahl und nach der optimalen Therapiesequenz. Auch beim Peniskarzinom (PK) sind richtige Therapieentscheidungen nicht immer einfach. Trotz des Vorliegens aktueller Leitlinien (AWMF. S3 Leitlinie Nierenzellkarzinom), kann daher das Einholen einer externen unterstützenden Fachexpertise für den Behandler und seinen Patienten wichtig sein. Die Falldiskussion in einem Tumorboard ist hierbei eine Möglichkeit für eine zusätzliche Fachexpertise. Allerdings sind diese nicht überall verfügbar bzw. können auch aufgrund von Zeitmangel nicht immer besucht werden. Daher sind alternative Möglichkeiten notwendig.

Die Plattform „eKonsil“ vermittelt seit 2021 Telekonsilien für Patienten mit mNZK oder PK. Der behandelnde Arzt dokumentiert die medizinischen Daten und geplante Therapie nach Patienteneinwilligung anonymisiert in einer Eingabematrix und leitet diese zur Begutachtung an einen Spezialisten weiter, welcher eine Empfehlung abgibt. Untersucht wurde die Übereinstimmung der initial geplanten mit der vom Fachexperten vorgeschlagenen Therapie.

Insgesamt wurden bisher insgesamt 30 bzw. 86 vollständige Fälle zu Patienten mit mNZK und PK von 14 bzw. 3 Experten bearbeitet. Das durchschnittliche Patientenalter betrug in beiden Gruppen 69,1 Jahre (Tabelle). Bei 23 mNZK-Patienten handelte es sich um eine Beratung zur Erstlinientherapie (4x Zweit-, 1x Dritt- bzw. 2x Viertlinientherapie). Nach IMDC/Motzer wurden 4/2 Patienten nach gutem, 6/7 nach intermediärem und 5/0 nach ungünstigem Risikoprofil klassifiziert (bei 15/21 Patienten gab es keine Angabe). In ca. 60% bzw. 40% der Beratungen zum mNZK bzw. PK wurde durch das Einholen einer Zweitmeinung ein von der initial geplanten Therapie abweichendes Regime empfohlen.

Das Einholen einer Expertenmeinung hat Potential, die Therapie für Patienten mit mNZK oder PK zu optimieren. Zu beachten ist bei der Auswertung jedoch, dass neben der geringen Fallzahl gerade für das mNZK nach Leitlinie verschiedene Therapieoptionen in der Erst- sowie Folgelinie möglich sind.

 mNZK (n=30)PK (n=86)
Alter (Jahre)69,169,1
TumorstadiumT1: 1 T1a: 1 T1b: 7 T2: 1 T2a: 2 T3a: 8 T3b: 3 T4: 3 TX: 4Ta: 1 Tis: 2 T1: 4 T1a: 30 T1b: 7 T2: 16 T3: 21 T4: 2 TX: 3
LymphknotenstatusN0: 9 N1: 12 NX: 9N0: 20 N1:  7 N2: 14 NX: 45
FernmetastasenM0: 12 M1: 18M0: 79 M1: 7
Therapielinie*    1st line    2nd line    3rd line    4th line  23 4 1 2  
Prognose-Score*  IMDC Good: 4 Inter: 6 Poor: 5 k.A.: 15  
 Motzer Good: 2 Inter: 7 Poor: 0 k.A.: 21 
Geplante Therapie**Operation: 14 Medikamentös: 20 Bestrahlung: 4 Sonstiges***: 6 Wait & See: 2 Keine: 1 Operation: 77 Medikamentös: 24 Bestrahlung: 0 Active Surveillance: 18
Konsilmeinung**Operation: 3 Medikamentös: 15 Bestrahlung: 1 Sonstiges***: 13 Wait & See: 1 Keine: 0Operation: 42 Medikamentös: 36 Bestrahlung: 0 Active Surveillance: 17
*nur mNZK, **Mehrfachnennung möglich, ***i.e. Freitexte; k.A.=keine Angabe

Der hier zusammengefasste Vortrag bezieht sich auf Arbeiten, die zusammen mit Marianne Leitsmann1,2, Eileen Rzepka1, Boris Pöhlmann1, Björn Broge1, Mark Schrader3, Chris Protzel4, Maurice Stephan Michel5 und Susanne Krege6 erstellt wurden. 1aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, ²Klinik für Urologie, Medizinische Universität Graz, Graz, ³Klinik für Urologie, Helios Klinikum Berlin-Buch GmbH, Berlin, 4Klinik für Urologie, Helios Kliniken Schwerin GmbH, Schwerin, 5Universitätsklinik für Urologie und Urochirurgie, Universitätsmedizin Mannheim, Universität Heidelberg-Mannheim, 6Klinik für Urologie, Evang. Kliniken Essen-Mitte gGmbH, Essen.

DGFIT nachgefragt – aktuelle Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms – Ergebnisse einer deutschlandweiten Umfrage

(Prof. Dr. Axel Hegele, Marburg-Biedenkopf)

Für die Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms (mRCC) existieren aktuell eine Vielfalt an Therapieoptionen. Entsprechend den Leitlinienempfehlungen sollten primär Kombinationstherapien in Abhängigkeit von der Prognose bestimmt durch die Kriterien des International Metastatic Renal-Cell Carcinoma Database Consortium Score (IMDC) eingesetzt werden. Kombiniert werden Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) mit Immuncheckpointinhibitoren (CPI/IO) als auch 2 Immuntherapeutika (IO/IO: CPI + CTLA4-Antikörper). Eine TKI-Monotherapie wird aktuell nicht primär empfohlen (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: aktuelle Therapieempfehlungen mRCC der European Association of Urology (EAU) in Abhängigkeit vom IMDC Score (www.uroweb.org, Zugriff 29.01.2024)

Mit der TKI/CPI Kombination kann vor allem ein rasches Ansprechen und mit der IO/IO Kombination ein langanhaltendes Ansprechen erreicht werden. Leider existieren keine Kriterien und Marker, um die optimalste Therapie und Sequenz für den jeweiligen Patient auszuwählen, so dass hier oft ein klinisches Dilemma besteht.

Ziel dieser Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Immun- und Targeted Therapie (DGFIT) war es Daten zur Behandlungsrealität (Real Life) des mRCC in Deutschland zu erheben. Hierzu wurde ein Fragebogen via Internet/E-Mail an Urologen und Onkologen von August-September 2023 mit Fragen zur adjuvanten Therapie des Hochrisiko RCC, zytoreduktive Chirurgie des mRCC, IMDC Score, 1st und 2nd line Therapie (inklusive Grund für die Therapieentscheidung) und Angaben zur Person (Arbeitsplatz/Person/Position) versendet. Insgesamt nahmen 105 Ärzte*innen an der Umfrage teil, überwiegend Urologen*innen (n=97), davon waren 76% männlich. Die Teilnehmer waren in der Mehrheit erfahrene Ärzte*innen (80% >40 Jahre), welche die Therapie bestimmen (96% Chef-, Ober-, Facharzt). Auch die Balance zwischen Klinik- (56%) und Ärzten in der Niederlassung (44%) war ausgeglichen. Es zeigte sich, dass

  1. 85% eine adjuvante Therapie mit einem CPI beim Hochrisiko RCC durchführen
  2. die zytoreduktive Chirurgie beim mRCC nach wie vor einen hohen Stellenwert besitzt
  3. die Erfassung des IMDC-Scores zur Risikoabschätzung unterschiedlich und nicht immer erfolgt (85 % Uniklinik – 59% Krankenhaus)
  4. unabhängig vom Arbeitsplatz (Uniklinik, Krankenhaus, Praxis) 75% über 5 mRCC Patienten im Jahr behandeln.

Bei der Vielfalt der Therapiemöglichkeiten zeigte sich, dass in der Erstlinie in >70% eine TKI/IO Kombination, gefolgt von 20% IO/IO und 10% TKI-Monotherapie gewählt wird. Die IO/IO als auch TKI-Monotherapie wird vor allem in den Praxen durchgeführt, die TKI/IO Therapie vermehrt in den Kliniken. Die TKI/IO Kombination Lenvatinib/Pembrolizumab kommt in 48% vor allem an Unikliniken (67%), Axitinib/Pembrolizumab in 44% vor allem in den Praxen (62%) und Cabozantinib/Nivolumab in 8% zum Einsatz (siehe Abbildung 2 A+B).

Abbildung 2A: Einsatz von IO/IO, TKI/IO und TKI Mono beim mRCC
Abbildung 2B: Einsatz der unterschiedlichen TKI/IO-Kombinationen beim mRCC

Eine Zweitlinientherapie wird in der Mehrzahl der Fälle nicht eingeleitet: es gaben 42% der Befragten an, dass weniger als 25% ihrer Patienten eine solche Therapie erhalten. Im Falle einer Zweitlinientherapie erhielten 62% eine TKI Monotherapie (in Abhängigkeit der 1st line Therapie: 57% nach IO/IO und 69% nach TKI/IO). Als Substanz wurde vor allem der TKI Cabozantinib (91%) eingesetzt.

Die Ergebnisse von „DGFIT nachgefragt“ zeigen die aktuelle Behandlungsrealität des mRCC sowohl in den Kliniken als auch den Praxen. Die adjuvante Therapie des Hochrisiko RCC als auch die zytoreduktive Chirurgie beim mRCC haben einen hohen Stellenwert. In der Erstlinie erfolgt überwiegend eine TKI/IO Therapie mit Unterschieden in der Kombination als auch Substanzwahl zwischen Uniklinik, Klinik und Praxen. Warum nur eine begrenzte Anzahl von Patienten einer Zweitlinientherapie zugeführt wird ist unklar.

Systemtherapie & Immunonkologie beim Blasenkarzinom

(Dr. L. Hofer, München-Planegg)

Die Entwicklungen in der systemischen Behandlung des metastasierten Urothelkarzinoms ist rasant. Die Therapiesequenzen sind stetig im Umbruch. Aktuell ist die Platin-basierte Chemotherapie noch der Goldstandard in der Erstlinientherapie des metastasierten Urothelkarzinoms (hohe Anspruchrate von > 80% sowie medianes Überleben bis zu 15 Monate (Haase H, J Clin Oncol., 2000)). Im Falle eines Ansprechens (Complete Response, Partial Response oder Stable Disease) kann eine Erhaltungstherapie mit Avelumab das Gesamtüberleben verlängern. Mit dem Update der Javelin Bladder-100 Studie konnte bei einem nun über 38 Monaten Follow-up die Wirkung der Avelumab Erhaltungstherapie in der Erstlinie mit einem medianen Überleben mit 29,7 Monaten (25,2-34,0; 95%-KI)  im Therapiearm unterstrichen werden (Sridhar  S, presented at ASCO-GU 2023). Bei nicht platinfähigen Patienten und positivem PDL-1-Status ist eine Therapie mit Pembrolizumab (CPS > 10 %) oder Atezolizumab (PD-L1 Score > 5%) möglich.

In der Zweitlinie konnte sich 2022 das Antikörper-Drug-Konjugat Enfortumab-Vedotin durchsetzen. In der Studie EV-301, in der an Tag 1,8 und 15 in einem 28-tägigen Intervall Enfortumab-Vedotin (1,25 mg/Kg Körpergewicht) gegenüber einer Standardchemotherapie (Paclitaxel, Docetaxel, Vinflunin) verglichen wurde, zeigte eine deutliche Verbesserung mit einem Gesamtüberleben von 12,88 Monaten (10,58-15,21; 95%-KI) vs. 8,97 Monaten (8,05-10,74; 95%-KI) im Median (Powles T, N Engl J Med, 2021).

Doch nicht genug der Neuerungen in der Therapie des metastasierten Urothelkarzinoms. Neue Kombinationstherapien in der Erstlinie in randomisierten Phase-III-Studien haben bahnbrechende Ergebnisse erbracht. In der CheckMate 901-Studie wurde eine Therapie mit Nivolumab (360 mg 3qw, später 480 mg 4qw) und Gemcitabine/Cisplatin (3qw für max. 6 Zyklen) mit der Standardtherapie Gemcitabine/Cisplatin allein in der Erstlinie des metastasierten Urothelkarzinoms verglichen. Insgesamt wurden 608 Patienten, bei einem medianen Follow-up von 33,6 Monaten, eingeschlossen. Der primäre Endpunkt war mit einer signifikanten Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens (21,7 vs. 18,9 Monaten (18,6-26,4 vs. 14,7-22,4; 95%-KI)) zu Gunsten der Kombinationstherapie ausgefallen (Van der Heijden MS, N Engl J Med, 2023).In einer zweiten Studie, der EV-302/KEYNOTE-A39-Studie, wurde die Kombination aus Envortumab-Vedotin 1,25 mg/kg Kg (Tag 1+8, 3qw) und Pembrolizumab 200 mg (3qw) gegen eine Standard platinhaltige Chemotherapie getestet. Hier konnte fast eine Verdopplung des Gesamtüberlebens im Vergleich zur aktuellen Erstlinientherapie erreicht werden (31,5 Monate vs. 16,1 Monate; (25,4-NR) vs. (13,9-18,3), 95%- KI). Neben der bisher höchsten Ansprechrate mit 67,8 % aller bisher geprüften Kombinationstherapien in der Erstlinie des metastasierten Urothelkarzinoms, konnte auch ein deutlich verlängertes progressionsfreies Überleben (12,5 Monate vs. 6,3 Monate; (10,4-16,6) vs. (6,2-6,5), 95%-KI) ohne neu aufgetretenen Nebenwirkungen erreicht werden (Powles T, ESMO 2023, MK-3475 EV302/KNA39). Nach der Zulassung der FDA ist im Herbst 2024 auch die Zulassung dieser Kombinationstherapie durch die EMA zu erwarten. Mit der Veröffentlichung der positiven Daten der THOR-3 Studie (Loriot Y,  ASCO 2023) ist zudem mit dem FGFR-Inhibitor Erdafitinib ein Player in der molekulargenetischen, immer mehr personalisierten Therapielandschaft des metastasierten Urothelkarzinoms greifbarer geworden.

Abbildung 3: Therapiestandard mUC Stand Februar 2024  modifiziert nach EAU Guidelines